Artikel aus den
Stuttgarter Nachrichten
vom 07.07.2003
|

|
Stadt soll 18 Millionen Euro für Boschhalle
zahlen
Außerdem jährlicher Zuschuss von 550000 Euro -
In 30 Jahren sind weitere 22 Millionen Euro Restwert
fällig
Dass der finnische Investor Harkimo (JHC) die Sport- und
Veranstaltungsarena am Wasen nicht zum Nulltarif bauen will,
liegt auf der Hand. Nach Informationen unserer Zeitung
würde sich der verbindliche kommunale Anteil
während der 30-jährigen Betriebsdauer auf 60
Millionen Euro addieren.
Von unserem Reporter
MICHAEL ISENBERG
"Wir brauchen die Boschhalle jetzt mehr denn je", sagte
Wolfgang Schuster am Tag nach der verlorenen
Olympiabewerbung. "Die nicht sanierungsfähige
Schleyerhalle wird uns in wenigen Jahren
allergrößte Probleme bereiten." Die neue,
multifunktionale Sport- und Veranstaltungsarena mit bis zu
16 500 Sitzplätzen am Cannstatter Wasen hat für
den OB höchste Priorität.
Bereits seit Herbst 2002 liegen der Stadt die Angebote von
vier Investoren vor. Sie sollen die Arena auf eigenes Risiko
bauen und auch betreiben. Eine Entscheidung ist noch nicht
gefallen. Doch alles spricht für die finnische JHC
Arena Holding und deren Chef Harry Harkimo. "Außer ihm
kann die Halle niemand realisieren", hieß es bereits
Ende 2002 in der Stadtspitze. Doch das "mit Abstand beste
Angebot" ist nicht billig.
Nach Informationen unserer Zeitung kalkuliert Harkimo den
Bau der Arena mit 87 Millionen Euro. Dafür verlangt er
einen einmaligen städtischen Zuschuss von 12,5
Millionen Euro. Durch Infrastrukturausgaben im Umfeld der
Halle von sechs Millionen addiert sich der erste
Investitionszuschuss der Stadt auf über 18 Millionen
Euro.
Damit ist das Zahlenwerk noch nicht komplett. Nach 30
Jahren, wenn die Arena an den Grundeigentümer Stadt
zurückfällt, wird ein Restwert von 22 Millionen
Euro fällig. Außerdem soll JHC pro Jahr einen
Zuschuss von 550 000 Euro (Instandhaltung Schleyerhalle)
sowie 220 000 Euro (Nutzungsgarantie der Stuttgarter
Sportler) erhalten. JHC muss die Schleyerhalle pachten und
parallel zur Boschhalle betreiben.
Die Summe aller städtischen Ausgaben für die
künftige Boschhalle beträgt somit in 30 Jahren
rund 60 Millionen Euro. 7,5 Millionen Euro wird der
Namensgeber beisteuern. Ursprünglich hatten Stadt und
Messe die Arena selbst bauen wollen. Ende 2001 zog die Stadt
wegen der kalkulierten Kostensteigerung von 66 auf 82
Millionen Euro zurück und suchte stattdessen einen
Privatinvestor. Das Ziel: ein "kostenneutraler" Bau.
Harkimos Betriebskonzept für die Boschhalle, die weit
gehend seiner Ende 2002 eingeweihten Color-Line-Arena
(Hamburg) entspricht, sieht rund 160 Sport-, Kultur-, Musik
und Firmenveranstaltungen pro Jahr vor. Die Grundauslastung
soll Bundesliga-Eishockey sichern; Basketball ist eine
Option. Sponsoring, Gastronomie und Logenverkauf sind
weitere Einnahmequellen.
Vermutlich am 23. Juli wird sich der Gemeinderat mit dem
Angebot Harkimos befassen. Die Befürworter der Arena
können neben der wachsenden Konkurrenz in anderen
Städten und der eingeschränkten
Wettbewerbsfähigkeit der alten Schleyerhalle deren
Sanierungsaufwand von zehn Millionen Euro in den
nächsten zehn Jahren anführen.
Die SPD im Gemeinderat hat die Boschhalle jedoch bereits
früher aus strukturpolitischen Gründen abgelehnt.
Auch die CDU scheint festgelegt. "Kein Mensch würde
verstehen, wenn wir für die Boschhalle 12,5 Millionen
Euro zahlen würden", sagte Fraktionschef Michael
Föll im November 2002.
So ist abzusehen, dass der Gemeinderat die Stadtverwaltung
beauftragen wird, weiter mit Harkimo um bessere Konditionen
zu verhandeln. "Viel nachgeben wird Harkimo nicht mehr",
ahnt ein Kenner der Materie, "er hat in Hamburg viel
Lehrgeld bezahlt".
JHC wird sich trotzdem weiteren Gesprächen nicht
verschließen. "Nachdem so viel Zeit, Kosten und
Energie in das Projekt investiert wurden", sagt Harkimos
Sprecher Wolfgang Raike, "werden wir unser Angebot mit
Sicherheit aufrechterhalten."
07.07.2003 - aktualisiert: 08.07.2003, 05:04 Uhr
|